Treffen mit Dr. Ulrich Vonderheid

Am 20.07. haben wir uns mit dem Ersten Bürgermeister der Stadt Leonberg und dem OB-Kandidaten für die Wahl am 24.09., Herrn Dr. Ulrich Vonderheid getroffen, um über das Thema Glasfaser und Breitbandversorgung in Leonberg zu sprechen. Unser Anliegen war es herauszufinden, wie Herr Vonderheid zum Thema steht und welche Lösungen er unterstützen würde. Als Gast hat er den Geschäftsführer der Stadtwerke Sindelfingen, Herrn Dr. Karl-Peter Hoffmann, mitgebracht, den Herr Vonderheid als „Breitbandguru“ bezeichnet hat und in ihm ein Vorbild sieht. Das Treffen fand im Domizil am Marktplatz statt.

 

Wie bewerten Sie den Vectoring-Ausbau der Telekom?
Vectoring ist allenfalls ein Placebo, der vielleicht die nächsten Jahre funktioniert. Es stellt sich aber die Frage, was danach ist. Kupfer hat hier keine Zukunft. Wie sehen Sie die Breitbandversorung in Leonberg? Leonberg liegt hier massiv im Rückstand und befindet sich, so auch Herr Hoffmann, in einer „steinzeitlichen Phase“. Auch gibt es in Sachen Breitband zwischen den Kommunen einen Wettbewerb. Für viele Unternehmen ist eine Glasfaseranbindung schon heute „Standortentscheidung im ersten Schritt“. Dieser Trend wird weiter zunehmen, auch im Privatbereich. Es wird zunehmend schwieriger werden, Immobilien ohne Glasfaseranschluss zu verkaufen bzw. im Wert zu erhalten.

Ist eine flächendeckende Glasfaserversorgung Aufgabe der öffentlichen Hand oder sollte sie der Privatwirtschaft überlassen werden?
Mit einem Glasfasernetz lässt sich Geld verdienen. Das zeigt eindrucksvoll das Beispiel Sindelfingen. Herr Hoffmann führt aus, dass die Stadtwerke seit 2008 Glasfaser bis ins Gebäude (FTTH) verlegen und nach anfänglichen Schwierigkeiten mittlerweile schwarze Zahlen schreiben. Daher sollte man allein aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten das Glasfasernetz selbst aufbauen. Den Ver- und Betrieb müssen aber andere übernehmen.

Auch in Ludwigsburg bauen die Stadtwerke nun ein Glasfasernetz. Ein Modell für Leonberg?
Unbedingt. Aus dieser Motivation heraus war Herr Hoffmann als Experte mitgebracht worden. Die Stadtwerke Leonberg, genauer gesagt die LEO Energie GmbH & Co. KG, die zu 51% den Stadtwerken und zu 49% der EnBW gehört, wäre prädestiniert dafür eine passive Glasfaserinfrastruktur (sog. Dark-Fiber-Netz) aufzubauen. Gerade im Bereich Erneuerbare Energien und SmartMeter sind Stromnetz und Datennetz untrennbar miteinander verknüpft. Betreiben muss dieses Netz dann ein geeigneter Anbieter. Hier gibt es beispielsweise mit der NetCom BW, eine Tochtergesellschaft der EnBW, bereits einen Partner. Letztlich muss das Netz aber als sog. OpenAcess-Netz betrieben werden, d.h. jeder Anbieter – auch die Telekom – darf sich in das Netz einmieten und seine Internetdienste anbieten. Übrigens: Bereits 2014 wurde genau das von Herrn Vonderheid vorgeschlagen. Man hatte sogar schon konkrete Pläne ausgearbeitet, die NetCom BW hatte ihr OK gegeben und selbst über die Finanzierung war man sich einig. Leider hat die derzeitige Rathausspitze die Pläne letztendlich als nicht notwendig abgelehnt. Aus Sicht der Bürgerinitiative eine eklatante Fehlentscheidung und Fehleinschätzung. Mit einem neuen Oberbürgermeister könnte man die Ampel wieder auf grün stellen. Leider hat man hier viel Zeit verloren.

Der Ruf nach Glasfaser wird oft schnell mit dem Argument abgetan, dass man beihilferechtlich nichts machen könne. Stimmt das?
Als pauschale Aussage ist diese falsch. Die Beihilfe-Thematik ist bekannt, löst das Problem aber nicht. Es ist sicher ein komplexes Thema und man bewegt sich teilweise in Grauzonen. Es gibt aber genug Modelle, bei der die Stadt bzw. die Stadtwerke, die als Rechtsperson sowieso nicht trennbar sind, Geld für ein Glasfasernetz in die Hand nehmen dürfen. Herr Hoffmann kann diesem zustimmen. Eine Möglichkeit wäre beispielsweise eine Kapitalerhöhung der LEO Energie GmbH & Co. KG. Diese ist beihilferechtlich unbedenklich. Die Stadt könnte den Privathaushalten und Unternehmen aber auch einen Zuschuss für mögliche Anschlusskosten zahlen, dieser Weg ist als das Marburger Modell bekannt. Darüber hinaus sind noch andere Maßnahmen denkbar. Wenn man es geschickt macht, ist das Beihilferecht kein Hinderungsgrund, so die Grundaussage.

Würden Sie die Markterkundung durch einen Privatanbieter, beispielsweise die Deutsche Glasfaser, zu der wir in Kontakt stehen, unterstützen?
Der Glasfaserausbau über die Stadtwerke ist klar zu bevorzugen, allein weil man sich die Einnahmen nicht entgehen lassen sollte und so das Netz in kommunaler Hand ist. Als Plan B ist es aber eine Option und zu Gesprächen ist man immer bereit. Vielleicht ergeben sich ja auch Kooperationsmöglichkeiten.

 

Abschließend hat Herr Vonderheid seine volle Unterstützung der Bürgerinitiative und seinen Dank zum Ausdruck gebracht und uns zum Weitermachen und nicht Lockerlassen ermutigt. Für das entgegengebrachte Vertrauen und die Zeit möchten wir uns noch einmal herzlich bedanken.