350 Tage OB Kaufmann – Ein Zwischenfazit

Auch wenn es in letzter Zeit ruhig um uns geworden ist, heißt das nicht, dass wir untätig waren. Wir haben die letzten Monate intensiv an der Beauftragung des Masterplans Glasfaser hingewirkt. Jetzt endlich, nachdem OB Kaufmann fast ein Jahr im Amt ist, ist die Beauftragung durch. Abgesehen davon, dass es am Ende viel zu lang gedauert hat, lief der Prozess allgemein wenig rund. Mit diesem Artikel möchten wir euch eine Zusammenfassung der letzten Wochen geben, die maßgeblich im Ergebnis der öffentlichen Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses (V-Ausschuss) letzte Woche Donnerstag mündet. Nach Prüfung und Beratung durch den Aufsichtsrat haben die Gesellschafter der LEO Energie GmbH & Co. KG („LEO Energie“) am 07.11.2018 beschlossen, den Masterplan an die MRK Media AG („MRK“) zu vergeben. Die LEO Energie ist eine Tochterfirma der Stadtwerke Leonberg und übernimmt die Aufgaben im Zusammenhang mit der Bereitstellung eines Masterplans.

  • Im Vorfeld zur Sitzung des V-Ausschuss hatten wir einige Punkte aus dem Beschlussvorschlag 2018/249 in einer E-Mail an die Mitglieder des V-Ausschusses richtiggestellt. Als Reaktion erhielten wir eine E-Mail von OB Kaufmann mit der Information, dass der Tagesordnungspunkt (TOP) 9 „Breitbandversorgung – Vergabe Masterplan“ hinfällig sei und daher gestrichen werde. Es erweckte den Anschein, man wollte die öffentliche Diskussion meiden.
  • Die Vergabe des Masterplans wurde in der V-Ausschuss-Sitzung am 15.11.2018 kontrovers diskutiert. Zunächst wollte OB Kaufmann den TOP 9 wie angekündigt absetzen. Nach Antrag der CDU durch Herrn Zander, den TOP auf der Agenda zu belassen, welcher von den Grünen und der FDP unterstützt wurde, blieb der TOP bestehen.
  • CDU und Grüne kritisierten in der Sitzung massiv die Zeitverzögerung bei der Beauftragung. Trotz großem Engagement unsererseits war die Stadtverwaltung nicht in der Lage, die Vergabe in einer akzeptablen Zeitspanne in die Wege zu leiten. Seit Winter 2017/2018 haben wir als Agendagruppe auf die Vergabe gedrängt.
  • Kritisiert wurde von Frau Widmaier (Grüne) und Herrn Zander (CDU) ebenfalls die mangelhafte Einbindung der Agendagruppe Glasfaser in den Vergabeprozess. Die Kritik wurde von EBM Dr. Vonderheid entschieden zurückgewiesen mit der Begründung, er habe noch nie so viel mit Bürgern in Kontakt gestanden wie mit uns. Anmerkung: Es ist korrekt, dass es zwischen den Geschäftsführern der LEO Energie und uns mehrere Treffen gab, in denen wir die Möglichkeit hatten unsere Punkte vorzutragen und Vorschläge zu machen. Es ist aber auch korrekt, dass getroffene Vereinbarungen im Nachgang nicht eingehalten und fokussierte Termine versäumt wurden. Außerdem werden unsere E-Mails gar nicht oder nur sehr zeitverzögert erst auf mehrmalige Nachfrage meist sehr knapp beantwortet, ohne auf alle unsere Punkte einzugehen.
  • Die Agendagruppe war bei Vorgesprächen mit zwei Anbietern involviert: Rala NGN Germany GmbH („Rala“) und RBS wave GmbH („RBS wave“). Beim Entwurf eines Schreibens zur Angebotsaufforderung („Lastenheft“) waren wir ebenfalls beteiligt. Danach wurden wir aber weder in den weiteren Prozess mit einbezogen noch über den Fortschritt wenigstens informiert.
  • So wissen wir trotz mehrmaliger Nachfrage bis heute nicht, welches „Lastenheft“ genau an die Anbieter verschickt wurde und welche unserer Anmerkungen mit eingeflossen sind.
  • Wir hatten uns zusammen mit den Geschäftsführern der LEO Energie in einem Treffen vom 09.08.2018 auf folgende Firmen zur Angebotseinholung verständigt: tkt teleconsult („tkt“), Rala und RBS wave. Dem Beschlussvorschlag der V-Ausschusssitzung ist zu entnehmen, dass statt tkt die Firma MRK Media AG („MRK“) ins Spiel gekommen ist. Wie MRK auf den Plan kam und warum die tkt nicht angeschrieben wurde, wissen wir nicht. Es wäre für uns selbstverständlich in Ordnung gewesen, mit der MRK einen zusätzlichen vierten Anbieter anzuschreiben.
  • Wir akzeptieren und verstehen, dass die Entscheidung, welche Firmen angeschrieben werden und welche beauftragt wird, einzig bei der LEO Energie liegt. Wir hätten uns aber gewünscht, dass man uns im Vorfeld über MRK informiert und im Idealfall nach unserer Meinung gefragt hätte, statt uns und letztlich auch den V-Ausschuss vor vollendete Tatsachen zu setzen. Das führt am Ende alle Treffen zwischen den Geschäftsführern der LEO Energie und uns und alle getroffenen Vereinbarungen ad absurdum.
  • In der V-Ausschusssitzung berichtete OB Kaufmann, dass MRK die kürzeste Zeitschiene anbietet: Fertigstellung Masterplan im Februar 2019, Vorstellung Business-Case im April 2019. Die RBS wave, der zweite Favorit der LEO Energie und auch unserer, würde bis Sommer/Herbst 2019 brauchen. Vor diesem Hintergrund können wir die Entscheidung gegen RBS wave mehr als nachvollziehen. Andererseits hätte es mit Rala und tkt zwei weitere Anbieter gegeben, deren Zeitschiene interessant wäre.
  • Massiv skeptisch stimmt uns das deutlich niedrigere Angebot der MRK von ca. 35.000 Euro. Die Angebote der anderen sind mindestens doppelt so hoch. OB Kaufmann führte in der Sitzung des V-Auschusses aus, dass die Preisdifferenz im Wesentlichen aus einem „Kampfpreis“ und der Tatsache rührt, dass die MRK nur auf Basis der HOAI (Honorarordnung für Architekten- und Ingenieurleistungen) Phase 3 (d.h. Entwurfsplanung und Kostenberechnung) plant. Die anderen Anbieter haben für eine wesentlich detailliertere Planung angeboten, die daher teuer ist, wir aber laut OB Kaufmann zum aktuellen Zeitpunkt nicht benötigen.
  • Unseren Recherchen nach gibt es keine HOIA 3 Planungsdefinition für FTTB-Netze. Auch die Anforderungen des Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gehen unseren Informationen nach über HOAI 3 hinaus (ggf. relevant in Bezug auf Fördergelder). Diese Anforderungen flossen bei der Erstellung des „Lastenheftes“, welches wir zusammen mit den Geschäftsführern der LEO Energie erarbeitet hatten, mit ein. Warum der Auftrag nun an einen Anbieter geht, der diese Vorgabe nicht erfüllt, erschließt sich uns nicht. Auch hier hätte man sich die Mühe sparen können.
  • Die Agendagruppe Glasfaser hatte sich von Anfang an für eine detailliertere Planung, ggf. unterteilt in eine anfängliche Grob- und eine weiterführende Detailplanung, ausgesprochen. Die Angebotsaufforderung an die Anbieter ging über HOAI 3 hinaus. Auch eine umfassende Beratung im Hinblick auf verschiedene Geschäftsmodelle und die Kooperation der Region mit der Telekom wurden von uns als wichtig erachtet.

Unser Fazit:
Wir akzeptieren die Vergabe des Auftrages an die Firma MRK Media AG, sind aber über die Art und Weise des Zustandekommens verärgert. Wir haben viel Freizeit, unentgeltlich, investiert, was wir uns letztlich hätten sparen können.

Die Kommunikation und der Informationsaustausch muss deutlich verbessert werden. Fortschritte und Informationen müssen uns automatisch ohne mehrmaliges Nachfragen erreichen.

Wir haben uns von unserem neuen OB und dem herbeigerufenen „frischen Wind“ deutlich mehr erhofft. Wir spüren bisher bestenfalls ein laues Lüftchen. Unsere Erwartung an Herrn Kaufmann ist ganz klar: Reden Sie nicht nur von Chefsache, handeln Sie auch danach. Packen Sie den Glaseraufbau endlich mit der notwenigen Ernsthaftigkeit und Dynamik an.
Wenn sich das eigentliche Mammutprojekt, der flächendeckende Ausbau Leonbergs mit Glasfaser (FTTB) genauso hinzieht wie die Vergabe des Masterplans – ein winzig kleiner Baustein im Gesamtprojekt, dann sehen wir schwarz. Dieser Meinung sind sowohl die Grünen in ihrer Haushaltsrede als auch die CDU in der LKZ von heute.

2 Kommentare

  • Peter E.

    …ich weiß es nicht, kann nur vermuten, aber sind die diversen Probleme des gewünschten Highspeed-Vollausbaus nicht doch eher überregional und bundesweit so festgefahren, daß ein Masterplan fürs Erste ohnehin nicht direkt umgesetzt werden könnte und eher Gefahr läuft, hinterher in der Schublade zu veralten? Somit hätte der OB mit der kostengünstigsten Variante einen finanziellen Nachteil für Leonberg eigentlich nur begrenzt?
    Gruß Peter E.

    • Daniel Pötzsch

      Hallo Peter,

      da wir alle nicht in die Zukunft blicken können, ist diese Frage sicher schwer zu beantworten.
      Für die Region Stuttgart steht aber ganz konkret die Kooperation mit der Telekom im Raum. Um entscheiden zu können, ob Leonberg sich der Kooperation anschließt oder nicht, ist der Masterplan der erste, wichtige Baustein.
      Unabhängig davon passiert auf allen Ebenen gerade sehr viel und es finden viele Veränderungen statt, positiv wie negativ.

      Ich gehe daher nicht davon aus, dass der Masterplan ungenutzt in einer Schublade verschwinden wird – dazu ist das Thema viel zu wichtig und viel zu dringend. Geld Sparen ist nie verkehrt, das ist korrekt. Aber wenn jemand die gleiche? Leistung für den halben Preis anbietet, muss man bei aller Freude auch skeptisch sein dürfen.

      Letztlich war es auch keine Entscheidung vom OB allein, sondern vom Aufsichtsrat der LEO Energie. Wir hätten uns hier lediglich mehr Kommunikation und Information gewünscht.

      Gruß, Daniel

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