Stellungnahme: LKZ-Artikel vom 7.7.

In der Leonberger Kreiszeitung ist am 07.07.2017 ein Artikel über den Vectoring-Ausbau der Telekom erschienen: Vom Schotterweg zur Autobahn. Wir möchten als Bürgerinitiative zu einigen getroffenen Aussagen in dem Artikel folgende Stellungnahme abgeben.

Im Artikel wird die Frage gestellt, wie es mit dem Glasfaserkabel bis zum Kunden aussieht, wie es von Teilen des Gemeinderats gefordert wird. Verschwiegen wird, dass nicht nur Teile des Gemeinderats Fiber To The Building/Home (FTTB/H) – also Glasfaser bis ins Gebäude – fordern, sondern auch wir als Bürgerinitiative und all unsere Unterstützer.

Weiterhin wird Herr Schuler mit den Worten zitiert „Das [= Glasfaser bis ins Gebäude, Anmerkung von uns] benötigen nur wirklich wenige, so wie nicht jeder ein Auto mit 500 PS braucht“. Automobil-Vergleiche sind im IT-Umfeld sehr beliebt, man sollte sie aber zu Ende denken: Jede/r kann beim Kauf selbst entscheiden, ob ein Auto 100 oder 500 PS haben soll. Beim Internet soll unser Bedarf aber nun fremdbestimmt werden? Das ist nicht nachvollziehbar. Außerdem werden 100 PS in 5, 10 und 100 Jahren genauso ausreichend sein wie heute. Es bestreitet aber heute niemand mehr ernsthaft, dass der Bedarf an Bandbreite steigen wird.
Auch der Aussage, dass es wenige brauchen, muss widersprochen werden. Rund 1500 Bürgerinnen und Bürger, die uns unterstützen, können nicht als ‚wenige‘ bezeichnet werden. Dass Unternehmen, Selbständige, Freiberufler und Arbeitnehmer im Home-Office mehr Bandbreite benötigen als Kupfer leisten kann, ist ebenfalls unumstritten.

Weiter wird ausgeführt, dass ab 2018 über Super-Vectoring 200 MBit/s möglich seien. Das ist leider nur die halbe Wahrheit. Denn flächendeckend werden 200 MBit/s nicht erreicht werden. Alle Haushalte, die mehr als ca. 300 m vom Verteilerkasten entfernt sind, werden nicht in diesen „Genuss“ kommen. Übrigens: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie empfiehlt bereits heute 250 MBit/s im Download für Home-Office und Cloud-Computing. Mit Vectoring und Super-Vectoring bekommen wir nicht nur eine nicht-flächendeckende Lösung, wir laufen der Entwicklung des Internets weiter mit großem Abstand hinterher.

Völlig unerwähnt bleibt zudem die Tatsache, dass sich der Upload durch Super-Vectoring im Vergleich zum Vectoring faktisch nicht verbessert (von 40 auf 50 Mbit/s). Für Unternehmen, Home-Office und Cloud-Computing sind symmetrische Bandbreiten bereits heute notwendige Voraussetzung. Nur durch Glasfaser bis ins Gebäude lassen sich zeitgemäße Uploadraten umsetzen: Glasfasernetze bieten die Möglichkeit von gleich hohen Up- und Downloadraten.

Weiterhin werden die hohen Kosten eines Glasfaserausbaus bis ins Gebäude genannt und es positiv hervorgehoben, dass durch den Telekom-Ausbau der Stadt keine Kosten entstehen. Aber: Nicht nur der Ausbau der Telekom, auch ein flächendeckender Ausbau mit Glasfaser, lässt sich grundsätzlich ohne Kosten für die Stadt und die Bürger umsetzen. Noch besser: Die Stadt könnte im Idealfall mit einer Investition direkte Einnahmen generieren, zumindest aber kostendeckend operieren und indirekte Einnahmen generieren. Dazu muss die Stadt sich aber dem Thema Glasfaser öffnen. Ein Schönreden von VDSL, Vectoring und Super-Vectoring hilft Leonberg nicht weiter.

Wir verfolgen das Thema seit geraumer Zeit. Beobachtet man die Medienlandschaft und die wirtschaftlichen und politischen Debatten, stellt man fest, dass sich das Bild und die Meinung gewandelt haben: Die Kritik am Vectoring wird lauter, der Ruf nach flächendeckendem Glasfaser ebenso. Erst gestern hat der Verwaltungs- und Finanzausschuss des Landkreis Böblingen beschlossen, „eine flächendeckende Versorgung aller Unternehmen und Privathaushalte mit Glasfaser (FTTB– bzw. FTTH-Versorgung)“ anzustreben (TOP 3).  Dieser Entwicklung kann sich die Stadt Leonberg nicht dauerhaft entziehen. Wir erwarten, dass die Stadt Leonberg diesem Beschluss folgt und ihn uneingeschränkt unterstützt.

5 Kommentare

  • Michael Weber

    An FTTx führt über kurz oder lang gar kein Weg vorbei, denn das Kupferkabel ist mittlerweile am Ende seiner Leistungsfähigkeit. Selbst wenn mit Super-Vectoring nochmal bis zu 200 Mbit/s realisiert werden können, passiert das nicht in der Fläche und schon gar nicht flächendeckend im ländlichen Raum. S-Vectoring ist eine weitere Brückentechnologie, die zwar keinen Invest in die Netzwerkinfrastruktur (Kabel) erfordert, dafür aber auch keinen langfristigen Nutzen bringt.

    Davon abgesehen hat es Daniel Pötzsch richtig beschrieben: der Bedarf an hohen Bandbreiten steigt, denn es ist nur eine Frage der Zeit bis z. B. alle Mediendienste ausschließlich über IP verbreitet werden. Die verfügbaren UHD (4k) Inhalte nehmen bereits zu und IP-TV wird das klassische Fernsehen über Kabel und Satellit ersetzen.

    Nur Glasfaser hat das Potenzial auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten als Übertragungsmedium mehrere Gbit/s Durchsatz sowie an den Endpunkten Highspeed-WLAN und 5G zu ermöglichen.

  • Brenner

    8 Regeln damit die digitale Transformation scheitert
    1-Nach der Vergangenheit sehnen
    2-Jede Idee in Keim ersticken
    3-Hauptsache Kosten senken
    4-Silo Denken
    5-Datenschutz über Alles
    6-Angst verbreiten
    7-Kein Risiko und kein Fehler zulassen
    8-Abwarten
    Beispiele sind Nokia, Kodak, E-Auto und die Glassfaser.

  • Sven

    Was soll ich mit einem 500 PS Traktor, wenn ich mit einem 50 PS Kleinwagen besser unterwegs bin? Wenn, dann müsste sich dieser schwachsinnige Autovergleich auf das Transportvolumen beziehen. Unsere Politik kann noch nicht einmal beschreibende Vergleiche zum „Neuland“ ziehen…

    Im Silberberg habe ich aber momentan einen Drahtesel (wenige Mbit) und wäre schon mit einem Smart (16Mbit/s) glücklich. Der Kombi sind dann die 25-50 Mbit/s.

    FTTH/B würde ich in einem solchen Vergleich Richtung Transporter (1 GBit/s) treiben, darüber kommen dann die LKW – und ja, nicht jeder braucht seinen privaten 40-Tonner. Die Industrie scheint aber einen Bedarf an 40-Tonnern zu haben und auch der Mittelstand schickt den ein oder anderen LKW durch durch Gegend…

  • Jim Knopf

    Wundert mich die Aussage von Herrn Schuler überhaupt nicht denn Internet ist auch für Ihn
    sicherlich „Neuland“